In Kontinuität zur Lehre der Kirche
Prof. Dr. Helmut Prader
Die Sorge um jene Menschen, deren Ehe zerbrochen ist und die dem Versprechen nicht nachkommen konnten, das sie einst vor dem Traualtar gegeben haben – ob unverschuldet oder aus eigenem Verschulden – war der Kirche immer ein Anliegen. Wenn eine Ehe scheitert, so ist dies oftmals mit vielen Verletzungen, Enttäuschungen, Zukunftsängsten und Sorgen verbunden. Gerade in dieser schwierigen Situation braucht es seitens der Kirche eine gute und intensive Begleitung.
Auch heute gibt es verschiedentlich demütigende Diskriminierungen gegenüber getrennt oder geschieden lebenden Gläubigen, wie es etwa Familiaris consortio 24 benennt. Diese Diskriminierungen müssen überwunden werden und so schreibt Papst Johannes Paul II in dieser Nummer auch: „Ich bitte deshalb alle, durch einen stärkeren und gezielteren spezifischen pastoralen Einsatz in dieser Richtung für ihre endgültige Beseitigung zu wirken, damit das Bild Gottes, das in allen Menschen ausnahmslos widerstrahlt, seine volle Würdigung findet.“
Niemand trennt sich leichtfertig, oft ist eine Trennung nicht zu verhindern, immer wieder ist sie aus verschiedenen Gründen sogar nötig und gefordert. Einsamkeit und andere Schwierigkeiten sind oft die Folge für getrennt Lebende. Gerade diesen Menschen muss die kirchliche Gemeinschaft ganz besondere Fürsorge zuwenden und ihnen Wertschätzung, Solidarität, Verständnis und konkrete Hilfe entgegenbringen, damit es ihnen möglich ist, auch in ihrer schwierigen Situation die Treue zu bewahren. Es muss auch die Haltung des Verzeihens wachsen können, bis hin zur Bereitschaft, die frühere eheliche Lebensgemeinschaft gegebenenfalls wieder aufzunehmen (vgl. FC 83). In diesem Punkt des Schreibens wird auch besonders auf jene eingegangen, die keine neue Verbindung eingehen. Dazu schreibt Papst Johannes Paul II: „Ein solches Beispiel der Treue und christlichen Konsequenz ist ein wertvolles Zeugnis vor der Welt und der Kirche. Um so notwendiger ist es, dass die Kirche solchen Menschen in Liebe und mit praktischer Hilfe unablässig beisteht, wobei es keinerlei Hindernisse gibt, sie zu den Sakramenten zuzulassen.“

Besonders eindringlich wird der Text von Familiaris consortio in der Nr. 84: „Zusammen mit der Synode möchte ich die Hirten und die ganze Gemeinschaft der Gläubigen herzlich ermahnen, den Geschiedenen in fürsorgender Liebe beizustehen, damit sie sich nicht als von der Kirche getrennt betrachten, da sie als Getaufte an ihrem Leben teilnehmen können, ja dazu verpflichtet sind. Sie sollen ermahnt werden, das Wort Gottes zu hören, am heiligen Messopfer teilzunehmen, regelmäßig zu beten, die Gemeinde in ihren Werken der Nächstenliebe und Initiativen zur Förderung der Gerechtigkeit zu unterstützen, die Kinder im christlichen Glauben zu erziehen und den Geist und die Werke der Buße zu pflegen, um so von Tag zu Tag die Gnade Gottes auf sich herabzurufen. Die Kirche soll für sie beten, ihnen Mut machen, sich ihnen als barmherzige Mutter erweisen und sie so im Glauben und in der Hoffnung stärken.“
Im postsynodalen Schreiben Amoris laetitia (AL) schreibt Papst Franziskus in der Nr. 78, dass sich die Pastoral der Kirche liebevoll denen zuwenden muss, die auf unvollkommene Weise an ihrem Leben teilhaben: „Sie bittet gemeinsam mit ihnen um die Gnade der Umkehr, ermutigt sie, Gutes zu tun, liebevoll füreinander zu sorgen und sich in den Dienst für die Gemeinschaft, in der sie leben und arbeiten, zu stellen“ (AL 78).
Der Papst stellt die Forderung auf, die getrennt Lebenden, die Geschiedenen und die Verlassenen pastoral zu begleiten. Es muss das Leid derer angenommen und geachtet werden, die ungerechterweise Trennung oder Scheidung erlitten haben, die verlassen wurden oder wegen Misshandlungen durch den Ehepartner gezwungen waren, das Zusammenleben aufzugeben. So braucht es auch eine Pastoral der Versöhnung (vgl. AL 242).
Gerade jene brauchen eine Stütze, die Scheidung und Trennung erlebt haben und in Treue zu ihrem Partner alleine bleiben. Sie geben damit in unserer Zeit ein großes Zeugnis für die Unauflöslichkeit und Sakramentalität der Ehe ab.
Der Papst schreibt weiteres in AL Nr. 243: „Was die Geschiedenen in neuer Verbindung betrifft, ist es wichtig, sie spüren zu lassen, dass sie Teil der Kirche sind, dass sie »keineswegs exkommuniziert« sind und nicht so behandelt werden, weil sie immer Teil der kirchlichen Communio sind. Diese Situationen verlangen eine aufmerksame Unterscheidung und von großem Respekt gekennzeichnete Begleitung, die jede Ausdrucksweise und Haltung vermeidet, die sie als diskriminierend empfinden könnten. Stattdessen sollte ihre Teilnahme am Leben der Gemeinschaft gefördert werden. Diese Fürsorge bedeutet für das Leben der christlichen Gemeinschaft keine Schwächung ihres Glaubens und ihres Zeugnisses im Hinblick auf die Unauflöslichkeit der Ehe. Im Gegenteil, sie bringt gerade in dieser Fürsorge ihre Nächstenliebe zum Ausdruck.“
Papst Franziskus weist in AL Nr. 300 darauf hin, dass es sich dabei um einen „Weg der Begleitung und der Unterscheidung“ handelt und: „Da es im Gesetz selbst keine Gradualität gibt (vgl. FC 34), wird diese Unterscheidung niemals von den Erfordernissen der Wahrheit und der Liebe des Evangeliums, die die Kirche vorlegt, absehen können“
Der hl. Papst Johannes Paul II. bestärkt diese Liebe zur Wahrheit in Jesus Christus, die allein den Menschen frei machen kann. Und er ermutigt alle, diesen Weg der Wahrheit zu suchen und zu gehen, indem er schreibt: „Die Kirche vertraut fest darauf, dass auch diejenigen, die sich vom Gebot des Herrn entfernt haben und noch in einer solche Situation leben, von Gott die Gnade der Umkehr und des Heils erhalten können, wenn sie ausdauernd geblieben sind in Gebet, Buße und Liebe“ (FC 84).
Genau dem Auftrag, wie er von den Päpsten verschiedentlich eingefordert wurde, fühlt sich FSM verpflichtet. Wir bemühen uns, Menschen in schwierigen Situationen beizustehen, Perspektiven zu eröffnen, Trost zu spenden und ihnen das Gefühl und die Gewissheit zu geben, dass sie von Christus und der Kirche geliebt werden.
Prof. Dr. Helmut Prader
Geistlicher Begleiter FSM in Österreich