Mach dein Herz auf!
Ich bin seit 22 Jahren geschieden. Mein Mann sagte mir, nach 18 Jahren Gemeinsamkeit, davon 13 Jahre Ehe, wir würden uns in verschiedene Richtungen entwickeln und er möchte die Scheidung. Nachdem er sich selbstständig machte, führten wir eine Wochenendehe, aber selbst am Wochenende nahm er sich keine Zeit für unsere Familie. Arbeit und Sport waren ihm wichtiger. Ich war zu wenig für ihn geworden. Zuviel Hausfrau, zu wenig Partnerin?? Er zu sehr Egoist? Ich weiß es nicht so genau. Wir hörten auf miteinander zu reden. Heute denke ich, ich hätte mehr um meine Ehe kämpfen sollen. Unsere Tochter war 11 Jahre und die Scheidung war ein Schock für sie. Wir trennten uns im Guten, ohne Streit, auch unserer Tochter zuliebe. Wir haben heute noch Kontakt zueinander. Er hat seit Jahren eine neue Beziehung, ich blieb alleine. Es war für mich nie eine Option einen neuen Mann kennenzulernen, obwohl mir meine Freunde eine neue Partnerschaft einreden wollten. Ich wollte auch meiner Tochter keinen neuen „Papa“ zumuten!
Ungefähr 3 Jahre nach der Scheidung hatte ich das Glück, meinen Glauben neu zu entdecken. Eine Klostergemeinschaft in der Nachbargemeinde war mir da eine große Hilfe. Ich fing an die Bibel zu lesen. Bei einigen Stellen, wo ich oft nicht wusste, wie es gemeint war, wurde mir dies in den Predigten der Hl. Messe verständlich. Ich war jedes Mal tief berührt und mein Vertrauen zu Gott wurde größer. Als ich in der Bibel (1. Kor 7,10-11) las, dass man nach der Trennung vom Ehepartner unverheiratet bleiben soll, war ich Gott für diese Gnade, meinem Mann auch seit der Trennung und Scheidung immer treu geblieben zu sein, sehr dankbar. Am Altar habe ich ja versprochen „bis der Tod uns scheidet“, denn Gott ist der Dritte im Bunde der Ehe.
Eine Freundin nahm mich dann zu Schweigeexerzitien nach Kremsmünster mit. Ich wusste damals nicht, was Exerzitien sind. Meine Freundin sagte nur: „Mach dein Herz auf!“ Mein Glaube vertiefte sich schlagartig! Seither ist mein Leben ein Geschenk. Ich fuhr mit dem Gefühl im Herzen nach Hause, nichts im Leben kann mich mehr erschüttern. Dieses Gefühl dauert bis heute an. Die Tiefschläge kamen trotzdem: Arbeitsverlust, Schulden, Einbruch in meiner Wohnung, …, aber ich hatte keine Angst mehr. Ich brachte alles zu Jesus und es fügte und wendete sich alles zum Guten für mich.
Meine Tochter ist jetzt 33 Jahre und leider kennt sie Jesus nicht. Ich bete jeden Tag für sie und bin ganz sicher, auch sie wird Jesus lieben lernen. ER weiß um ihre Zukunft und ER weiß die Zeit dafür.
Alleine zu leben heißt aber nicht, sich auszublenden oder weltfremd zu werden. Es war und ist mir ein Herzensanliegen mich in unserer Pfarre und im Gebetskreis einzubringen. Seit 9 Jahre gehe ich regelmäßig zu den FSM – Treffen. Ich fühlte mich gleich gut angenommen. Der Heilige Geist war sehr spürbar. In unseren Gemeinschaftstreffen geht es nicht darum, einen neuen Partner kennen zu lernen, sondern um ein geschwisterliches Miteinander und Unterstützung auf unserem Heilungsweg. Wir sind alle Betroffene und so hat keiner Scheu über Scheidung oder Probleme zu reden. Die Zusage „Von der Trauer zur Freude“ dürfen wir bei unseren Treffen erleben. Im Lobpreis und Gebet werden „Herzen“ wieder heil. Jesus sagt: „Durch meine Wunden seid ihr geheilt.“ Wir versuchen unsere Situation anzunehmen und vergebende Menschen zu werden.
Jeden 1. Sonntag im Monat haben wir unsere Treffen in der Klostergemeinschaft der Barmherzigen Schwestern in Salzburg. Im Frühjahr jedes Jahres gibt es einen Einkehrtag und im Herbst ein mehrtägiges Vertiefungsseminar. Hierzu bekommen wir auch die volle Unterstützung vom Referat für Ehe und Familie der Erzdiözese Salzburg.
Seit Jänner 2022 ist mir die Leitung der Salzburger Gruppe sowie die stellvertretende Leitung von FSM in Österreich übertragen worden. Diese Aufgabe ist für mich eine neue Herausforderung, aber mit Jesus kann ich Mauern überspringen. Ein Wort aus dem Markus Evangelium hat mir immer geholfen (Mk 11,24): „Darum sage ich euch: Alles, worum ihr betet und bittet – glaubt mir, dass ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil!“ Ich bin ein sehr dankbarer Mensch geworden.
Sieglinde Rosenmayer
Leitung Familie Solitude Myriam in Salzburg